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15.05.2020 Besuch vom Bundeskanzler

was für eine spektakuläre Ankündigung... unser Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte dem Kleinwalsertal seinen persönlichen Besuch angesagt. Hatte er seit Beginn der Corona-Krise von Wien aus das Schicksal der Österreicher gelenkt, so stand nun ein Besuch in den einzelnen Bundesländern auf dem Programm. Wir platzten fast vor Stolz, dass ausgerechnet der 1. Termin ins Kleinwalsertal führt - seit 1973 haben wir hier keinen Bundeskanzler mehr gesehen.

Ich habe natürlich sofort vielen Gästen die tolle Botschaft verkündet... und überlege nun seit 2 Tagen, wie ich aus der Nummer wieder herauskomme. Da passt nur die nackte Wahrheit...

Während andere Orte viele Tausend Euro für Werbung ausgeben, blamieren wir einfach unseren Bundeskanzler und uns bis auf die Knochen und sind so tagelang in allen Medien vertreten! Der Reihe nach...

Schon im Vorfeld gab es eine Riesenaufregung. Floh las auf der Internetseite der Gemeinde, dass es schön wäre, wenn wir zur Ankunft des Bundeskanzlers die Häuser beflaggen und ihn am Straßenrand begrüßen. Sofort habe ich unsere Fahne aus dem Keller geholt - zu allen großen Anlässen wird sie aufgehängt und das war natürlich zweifellos ein großer Anlass... für uns! Ich glaube, nicht nur wir Einheimische sind sehr stolze Österreicher. Für die sozialen Netzwerke war es jedoch ein gefundenes Fressen, uns mit den dunkelsten Stunden der Vergangenheit zu vergleichen. Das Niveau der Kommentatoren ist ja immer sehr leicht an der Satzstellung und der Rechtschreibung zu erkennen, und genau so geschmacklos ist auch der Inhalt. Die Gemeinde stellte sofort klar, dass dies nur ein Zeichen unserer Dankbarkeit für die Bemühungen der Regierung in Sachen Grenzöffnung ist. Gut - das war also abgehakt.

Für 19:30 Uhr wurde dann Herr Kurz mit einigen Vertretern der Vorarlberger Landesregierung an der Grenze Walserschanze erwartet. Dort gab es einen kurzen Pressetermin und anschließend die Fahrt nach Hirschegg ins Walserhaus und ein Arbeitsgespräch mit der Gemeinde.

Wahrscheinlich war die wochenlange Einsamkeit uns Walsern gehörig in den Kopf gestiegen... jedenfalls gab es bereits an der Grenze schon eine begeisterte Menschansammlung. Eine Vielzahl an Medienvertretern und Einheimischen erwarteten den Tross aus Wien - in der Aufregung um Herrn Kurz geriet dann allerdings die Masken- und Abstandspflicht bei Vielen in Vergessenheit.

Gegen 20:00 Uhr fuhr die Mannschaft weiter Richtung Hirschegg - auch wenn wir unseren Bundeskanzler vor dem Haus nur kurz im Auto sehen konnten, so war es auch für uns ein besonderes Erlebnis.

Bei der Ankunft in Hirschegg gab es wieder einen Menschenauflauf... hatten wir uns nun wochenlang super benommen und an alle Regeln gehalten... da haperte es ebenso an den aufgestellten Coronaregeln, und Herr Kurz sagte später in vielen Presseterminen, in denen er Stellung zu diesem Fauxpas nehmen musste: "so oft habe ich noch nie - bitte halten Sie Abstand - sagen müssen".

So ist es gekommen, dass wir uns auf der ganzen Welt lächerlich gemacht haben, es mehrere Anzeigen gegen unseren Bundeskanzler gibt (keine Ahnung, warum er daran schuld sein soll?), die Oposition Sturm läuft, die Medien ununterbrochen (negativ) von uns berichten und die sozialen Netzwerke sich vor Häme überschlagen.

Unsere Gästestruktur besteht zum größten Teil aus deutschen Gästen, gefolgt von den Beneluxländern. Kaum ein Österreicher kennt das Kleinwalsertal - das hat sich in den letzten 2 Tagen schlagartig geändert. Heute früh habe ich zu Floh gesagt, dass dieses Jahr wahrscheinlich auch viele Österreicher zu uns kommen werden... bestimmt wollen sie mit eigenen Augen sehen, welches eigenartige Bergvolk sich am westlichen Zipfel von Österreich befindet...

Sie sehen schon... es wird höchste Zeit, dass endlich wieder Gäste zu uns kommen. Wenn wir zu lange alleine sind, dann drehen wir komplett am Rad!

Grüße von Regine