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22.10.2015 Vorwärts oder rückwärts?

Da sitze ich gerade und möchte mich von der Sommersaison 2015 und von Ihnen verabschieden. Natürlich fehlen mir wieder einmal die weltbewegenden Worte, mit denen ich mich von einer herrlichen Zeit, jeder Menge Spaß, wundervollen Gästen und praktisch zu jeder Zeit ausgebuchten Betten bedanken kann. Deswegen einfach: DANKE! Nun haben wir 6 Wochen geschlossen und am 04. Dezember starten wir in eine kurze, aber knackige Wintersaison. Umgebaut wir diesen Herbst nicht - wir haben noch ein paar Kleinigkeiten, die erledigt werden müssen. Ab Weihnachten gibt es einen neuen Massagesessel der Firma Physio-Therm und eine nigelnagelneue Kaffeemaschine.

Wahrscheinlich wundern Sie sich über den heutigen Titel: Vorwärts oder rückwärts? Ganz einfach - ich hatte noch ganz vergessen, von meiner letzten Bergtour zu berichten und das hole ich somit nach: Es beginnt fast immer gleich: das Wetter ist herrlich und wegen meiner Imunschwäche gegen den Wandervirus bin ich von der Wandervorhaben unserer Gäste so schnell angesteckt, dass es in meinem Magen zu kribbeln beginnt.

Ich besprach mich kurz mit Floh - alles klar! Er gab sofort grünes Licht und so startete ich kurz vor Mittag auf den Berg. In allerbester Stimmung wartete ich auf den Ifenbus. Viele Gäste stiegen ein und eine ältere Dame sah sich suchend nach einem Sitzplatz um. Sie setzte sich zu mir und schon waren wir 2 in ein Gespräch vertieft. Plötzlich bemerkte ich weiter vorne einen älteren Herrn, der energisch zu uns blickte und wild mit der Hand herumfuchtelte. Ich sagte zu ihr: "oh, ich glaube, Ihr Mann möchte, dass Sie neben ihm sitzen?". "Blos nicht", sagte sie, "heute beim Frühstück setzte ich mich auf seinen Platz und nun kann ich seinen Zorn darüber den ganzen Tag noch ausbaden". Leute gibt´s....

Nun waren wir schon an der Haltestelle Auenhütte. Ich verabschiedete mich, hoffte für Ihren Mann auf eine schnelle Gemütsverbesserung und startete los. Ich war alleine unterwegs und genoß einfach die Naturgeräusche, roch die intensiven Gerüche im Hochmoor und begeisterte mich einmal mehr an diesem klaren Herbsttag und der grandiosen Fernsicht.

Zunächst steuerte ich auf breitem, gemütlichem Weg in die Melköde (1.350 Meter). Von dort habe ich schon in vielen Beträgen berichtet - es ist immer wieder toll, auch wenn mir speziell im Herbst dort zu wenig bunte Farben sind. Es gibt auf der ganzen folgenden Tour fast nur Fichten, Latschen und Wachholder, dafür schimmern die Gräser der Alpen in grün-gelb-braun.

Der Aufstieg zur Schwarzwasserhütte ist mühsam. Ich kennen keinen so schlechten Wanderweg im Kleinwalsertal. Steinig, moorig, ausgewaschen, dazu immer wieder Stufen, die viel zu hoch sind... also, Augen zu und durch. Hier ist nicht der Weg das Ziel, sondern eindeutig die Schwarzwasserhütte (1.620 Meter). Hier genoss ich eine kurze Rast, denn ich hatte mich noch nicht für den weiteren Weg entschieden. Auf meinem Wunschzettel stand das Steinmandl oder/und das Grünhorn.

Im Überschwang des herrlichen Tages beschloss ich nun den 45minütigen Aufstieg auf das Steinmandl und dann die Überschreitung des Grates auf das Grünhorn. Inzwischen war es früher Nachmittag und als ich mich aufmachte, war weit und breit kein Wanderer mehr zu sehen. Ein Murmeltier begleitete mich auf dem ganzen Weg mit seinem Pfeifkonzert und auf schmalem Pfad erklomm ich Meter um Meter den Gipfel. Was für ein gigantischer Ausblick! Vom Ifen über die Pellingerköpfe, dem Didamskopf, den Bregenzerwald und ganz hinten die Schweizer Berge. Das war nur die eine Seite! Weiter links kommen die Walsertaler Berge und dann die Allgäuer Alpen.

Inzwischen war ich aus dem Revier des Murmeltiers entschwunden und am Gipfelkreuz breitete sich Ruhe aus. Nie schmeckt ein Essen besser als auf dem Gipfel - ein Semmel, ein Stück Bergkäse und eine Kaminwurze... voll lecker!

Die Zeit drängte und ich machte mich auf, um den Grat zu begehen. Es ist schon einige Jahre her, als ich mit Floh einmal von der anderen Seite hierher gekommen bin. Ein Schild mahnte ausdrücklich vor Absturzgefahr und ausgesetzten Stellen. Ich bin komplett schwindelfrei, konzentrierte mich voll auf den Weg und marschierte guten Mutes vor mich hin. Ich hatte nach gut 15 Minuten bereits 2 Stellen passiert, an deren Übersteigung ich die Luft angehalten hatte, aber plötzlich stand ich vor einem Felszacken, der mir gehörigen Respekt einflößte. Links war der Fels überhängend und somit unpassierbar. Rechts war dieser Zacken glatt und endete im Nichts. Ich musste einen Riesen-Schritt machen, um auf die andere Seite zu kommen, aber dort war die Erde feucht und ich konnte mich nirgends halten.

Noch lagen 45 Minuten Gratwanderung vor mir und ich wußte nicht mehr, wie der Weg weiter war. Kam es noch schlimmer? Ich überlegte meine Möglichkeiten: Variante A = ich kehre um!; Variante B= ich stürze ab!; Ich entschied mich für Variante A!!! Ein bisschen Zähneknirschen ist beim Abbrechen einer Wanderung ja immer dabei... schon deshalb, weil der Weg zurück meist länger ist, als der nach Vorne. So musste ich etwa eine Stunde wieder zurück- und dann absteigen, bis ich wieder vor der Schwarzwasserhütte stand. Inzwischen kam der Nebel aus dem Tal, doch ich wollte den schlechten Weg nicht wieder zurück gehen und in strammem Tempo lief ich nun auf die Ochsenhofer Scharte.

Dort saßen 2 junge Frauen im nun dichten Nebel und packten gerade ihren Rucksack wieder ein. Wir wechselten ein paar Worte... sie waren 2 Stunden vor mir an genau der selben Stelle umgekehrt. Es war nun gar nichts mehr zu sehen und ich wählte den kürzesten Abstieg nach Baad. Nur wenige Wochen vorher war ich mit meiner Schwester Karin auch hier - ebenfalls bei Sonne gestartet und im Nebel gelandet und das ist bei den vielen Sonnentagen in diesem Sommer tatsächlich eine Kunst!

Obwohl alle 10 Minuten ein Bus fährt, rannte ich die letzten 100 Meter noch zur Haltestelle, sprang hinein und schon schlossen sich die Türen. Ich war glücklich über diesen herrlichen Tag und über meine gesunde Rückkehr. Vorwärts oder rückwärts? Ist doch ganz egal!

Viele Grüße von Ihrer Wanderabbrecherin Regine