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17.06.2015 Wanderführerin Regine

Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut! Schon seit vielen Jahren wollte ich die Wanderführer-Ausbildung machen und nun hat es endlich geklappt.

Im April startete die erste Woche. Ich hatte mich total darauf gefreut und wurde nicht enttäuscht. Insgesamt waren wir 24 lernwillige, begeisterte Wanderer und nach kurzem Kennen lernen starteten wir den einstündigen Aufmarsch zum Gasthof im Silbertal, der uns eine Woche lang beherbergen würde.

Für mich war vollkommen klar, dass wir eine Woche lange jeden Tag in den Bergen unterwegs sein würden und ganz nebenher ein paar Lerneinheiten serviert bekämen - da lag ich allerdings komplett daneben.

Stramme Unterrichtsstunden [CUT] im Seminarsaal ohne große Bewegung und jede Menge leckeres Essen bescherten mir bis zum Ende der Woche einige "Pfündchen" mehr auf den Rippen und seitdem platze ich so aus allen Nähten, dass fast die Hälfte meiner Dirndl im Schrank hängen bleiben müssen!

Wir waren ein bunt zusammen gewürfelter Haufen, hatten eine Menge Spaß, und ich konnte wirklich jede Menge lernen! Ganz toll fand ich das Thema "Wetter", aber auch Botanik und Wald- und Wildökologie, Geologie (obwohl ich mich früher nie für so alte Steinbrocken interessiert hatte), Tourenplanung und Führungstechnik waren spannend.

Gesetzliche Vorschriften und Steuerrecht fanden wir wohl alle ein bisschen fad und beim Thema "Orientierung" hat es bei mir dann völlig ausgebissen. Mit Wanderkarte und Kompass ausgestattet, hätte ich zu jeder Zeit meinen Standort auf der Karte auf den Millimeter genau bestimmen sollen (das ist in der Natur immerhin eine Ungenauigkeit von 25 Metern) und dann z.B. nach 62 Grad (mit dem Kompass) und 176 Metern (die ich Kopf nach meiner selbst ausgemessenen Schrittlänge von 72 cm ausrechnen musste) an einem bestimmten Punkt auftauchen sollen. So ging das mehrmals hintereinander und wie ein verfolgter Hase schlug ich also im Zick-zack meine Haken durch Wald und Wiese und kam irgendwann, irgendwo an - nur nicht am richtigen Ziel!

Zum Glück war ich nicht die Einzige mit solchen Defiziten und da ich sowieso nicht vorhatte, mit meinen Gästen zukünftig auf allen Vieren in weglosem Gelände ferner Länder Expeditionen durchzuführen, machte ich mir wieder Mut. Im Kleinwalsertal dürfte ich so ziemlich alle Wege kennen, die Beschilderung ist hervorragend und die Wege sind auch bei dichtem Nebel erkennbar - also alles super!

Nach der ersten Woche kam ich glücklich und müde wieder nach Hause. Ein dicker Ordner begleitete mich und ich staunte schon ein bisschen, was unsere Trainer und Wanderführer aus den verschiedensten Bereichen so alles wussten.

Im Juni war nun die 2. Woche. Diesmal ging es auf die Lindauer Hütte. Trotz gemischtem Wetter war es auch hier total gut. Mitten aus der Saison heraus gerissen, kam ich nach 2stündigem Fußmarsch ziemlich derangiert auf der Hütte an und buchte sicherheitshalber statt des Schlaflagers, wo Matratze an Matratze liegt, ein vermeintlich ruhiges Einzelzimmer.

Wenn ich es an der Hüttenwand richtig gelesen hatte, dann war das "Schlafhaus" aus dem Jahr 1899 und hat eigentlich jede Menge Spaß bereitet. Es war ein reiner Holzbau und die Wände zwischen den einzelnen Zimmern waren maximal ein Sichtschutz. Wenn sich mein Nachbar im Nebenzimmer im Bett umdrehte, dann machte ich die Augen auf, weil dadurch mein Bett ins Wanken geriet und ich das Gefühl hatte, er zupft an meiner Bettdecke.

Der Kollege schräg über den Gang schnarchte praktisch auch in meinem Zimmer und jegliche Geräusche des ganzen Stocks wurden untereinander geteilt. 4 Zimmer weiter befand sich der Waschraum der Männer und falls sich zufällig mal einer der Männer rasierte, dann wusste ich das, bevor ich ihn gesehen hatte. Rasieren wurde übrigens landläufig als überflüssiger Ballast der Zivilisation angesehen und nach 3 Tagen sahen die meisten unserer Männer schon ziemlich verwildert aus. Das passte dann wenigstens zur verstrubelten Frisur!

Natürlich waren wir auch in dieser Woche wieder fleißig und neben der Vertiefung der Themen aus der ersten Woche gab es auch noch Einheiten in Erster Hilfe, Rettungstechniken, Geländespielen, Pädagogik usw. Total klasse fand ich die ganztätige Lehrwanderung, die uns an die Grenzen (und auch darüber!) unserer erlaubten Tätigkeit als Wanderführer brachte und vollgesaugt mit roten Blutkörperchen, tollen Eindrücken und einem Kopf voll neuem Wissen kam schon das Ende der Woche.

Ausgerechnet als wir wieder  zur Orientierungswanderung aufgebrochen waren, war es stockneblig, und ich machte zur Sicherheit noch vor dem Start ein "Selfie" von mir. Falls man mich Wochen später irgendwo im Wald finden würde, so hätte meine Familie wenigstens noch ein Foto, wie ich zuletzt ausgesehen habe!

Zum Glück war die Prüfung schriftlich, denn mit meinem Orientierungssinn stand es ja eben nicht "zum Besten" und so kam ich am Samstag Abend glücklich mit allen Kompetenzen einer geprüften Wanderführerin wieder zuhause an. Ich war müde, als hätte ich den Himalaya persönlich abgerissen, aber inzwischen ist der Alltag wieder eingekehrt und sobald ich alle Unterlagen eingereicht habe und die Versicherungen abgeschlossen sind, dann werde ich mit IHNEN hoffentlich jede Woche 1 x wandern!

Ich freue mich darauf und grüße Sie herzlich, Ihre Wanderführerin Regine