12.11.2024 Wanderung auf den Wannenberg
Liebe Wanderfreunde,
es gibt bei uns alles! Die ganz einfachen, kleinen Spaziergänge genauso, wie steile, ungesicherte Steige für schwindelfreie, waghalsige Bergsteiger. Ich mag markierte Wanderwege, die natürlich auch zu einer Hütte führen, aber manchmal wollen wir auch Gipfel erklimmen, die nicht auf einer Wanderkarte als Weg eingezeichnet sind.
So war unser heutiges Ziel der Wannenberg. Inzwischen ist es ruhig geworden im Kleinwalsertal. Die saftigen, grünen Wiesen haben sich ebenso verabschiedet wie unsere Gäste. Ich mag jede Jahreszeit. Mein persönlicher Lieblingswandermonat ist der Juli. Die Vegetation schießt vom Tal bis auf die Bergspitzen aus dem Boden und die Vielzahl an verschiedenen Blumen und Kräutern ist einfach sensationell! Überall ist dann das pralle Leben zu spüren, alles strotzt vor Kraft.
Nun ist es anders. Völlige Ruhe liegt über unserem Tal und auch die Natur ist still geworden. Fast alle Hotels, die meisten Restaurants und alle Hütten haben geschlossen. Am heutigen Tag haben wir 2 Menschen getroffen... das ausgerechnet an dem Fleck, an dem ich am allerliebsten allein bin - am Gipfelkreuz. Von vorn! In Baad angekommen ging unsere Tour los. Zunächst auf altbekanntem Weg zur Bärgunthütte. Diese dreiviertel Stunde ist uns sehr vertraut und doch oder vielleicht deshalb auch immer wieder toll zu laufen. Der Weg ist breit und wird normal von unzähligen Wanderern bevölkert. Der Besuch bei Sabine - der Hüttenwirtin der Bärgunthütte - steht bei den meisten unserer Gäste ganz oben auf der Urlaubsliste. Heute war die Terrasse der Hütte aufgeräumt. Nur wenige Wochen, dann ist auch hier wieder ein ganz beliebtes Ziel für unsere Winterwanderer, aber auch für Schneeschuhwanderer und vor allem Schitourengeher - die auch nicht selten von Sabine zusammengestutzt werden, ist der weitere Aufstieg in ihren Augen zu riskant!
Schon kurz nach der Hütte verließen wir den Wanderweg und bogen rechts bei der kleinen Seilbahn ins Gelände ab. Nun verlief der in den meisten Passagen recht gut sichtbare Trampelpfad fast schnurgerade etwa 100 Höhenmeter der Bahn entlang nach oben - bis sich plötzlich vor uns eine Ebene (das ist ja bei uns immer relativ zu verstehen!) auftat und wir auf der Alpfläche der Stierlochalpe (1.515 Meter) standen. Was für ein umwerfender Ausblick auf die Westseite des Widdersteinmassivs! Das einzige Geräusch war das zerbersten der dünnen Eisschicht unter unseren Schuhen, denn in der Nacht hatte es gefroren und die Berge rundum waren zu mächtig, um zu so später Jahreszeit noch einen Sonnenstrahl hierhin zu lassen.
Das Alpgebiet geht bis hinauf auf Wannenberg (1.830 Meter) und Üntschenjoch (1.854 Meter) und an einem meiner Fotos können sie sehen, wie geländegängig unsere Tiere sein müssen - in manchen Teilen sind wir schon fast auf allen vieren hochgekrochen! Schon bald war keinerlei Pfad mehr ausfindig zu machen, aber das Gipfelkreuz des Wannenbergs zeigte klar unser Ziel. So wunderschön die Gegend auch ist - der Anstieg ist nichts für untrainierte Schlappen und die letzten Minuten vor dem Gipfel erfordern volle Konzentration und Schwindelfreiheit.
Nun hatten wir es geschafft. Es ist jedes Mal wieder ein unglaubliches Gefühl, an einem Gipfelkreuz zu stehen und wie gesagt... am liebsten bin ich dort alleine. Nicht so heute, denn 2 Wanderer saßen bereits dort. Sie waren von der Bregenzerwälder Seite aus aufgestiegen und so kamen wir mit unseren Landsleuten auch sehr schnell ins Gespräch. Das war dann noch total toll, denn der Mann war als kleiner Bub einen Sommer lang auf der Bärguntalpe und wir wurden mit jeder Menge Geschichten und Information über diese Zeit und die Alpe versorgt. Bei den heutigen "Hubschraubereltern" wäre es überhaupt nicht mehr denkbar, sein Kind ohne Handy und wochenlange Kontaktlosikeit in die "Wildnis" zu schicken und mit einer Verantwortung für 200 Stück Vieh auszustatten. Diese Tiere zu hüten, für ihre Gesundheit zu sorgen und die Zäune auf einige Kilometer Länge täglich zu prüfen war die alleinige Aufgabe von 2 Sechsjährigen und einem 14jährigen - Respekt!
Für mich könnte jede Bergtour auf dem Gipfel enden, denn eigentlich mag ich keine Abstiege. So überlegten wir uns eine anderen Retourstrecke.um nicht über die steile Grasflanke absteigen zu müssen. Wir verabschiedeten uns von den anderen Wanderern und schon bald hatten wir uns hoffnungslos verstiegen. Der Abschnitt unter uns sah nicht sehr vielversprechend aus - ein steiles Schotterfeld, dazwischen ein paar Felsen und Latschenbüsche - also zurück. Ein 2. Abstiegsversuch führte uns durch viel Gestrüpp, aber schon bald erkannten wir einen kleinen Pfad - das war tatsächlich eine Strecke, die öfter begangen wird. Ein bisschen verkratzt kamen wir schließlich wieder auf der Alpe an und dann war der restliche Weg zurück unkompliziert.
Ja - was soll ich sagen - das war wieder mal Weltklasse!
Ich sende dann noch mehr Bilder - ich habe gerade Probleme mit der Überspielung!
Viele Grüße von Regine